Unsere Deutsche Wurzeln - Our German Roots
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GROSSBURG - EINE DORFGESCHICHTE

Christa Dziedo, geb. Harwardt
Heimatblatt, April 1977

Daß Dorf Großburg und auch der größte Teil des Kreises Strehlen liegen in einer Ebene, die in der Eiszeit durch Umwälzungen und Ablagerungen entstanden ist. Sie wird nur durch kleine Erhöhungen unterbrochen. Begrenzt wird diese flache Landschaft durch verschiedene Gebirge bzw. Hohenzüge, die bei klarem Wetter eine sehr schöne Aussicht bieten.

Im Westen sind es die Ausläufer des Riesengebirges nämlich Zobten sowie Geiersberg mit Bismarckhöhe und Moltkefels, und in Südwestrichtung das Eulengebirge. In Richtung Süd-Südwest lagert sich das Altvatergebirge vor die Ebene. Der Süden wird von den Ausläufern der Sudeten gebildet, deren letzte Berge bis in den Kreis Strehlen, sogar bis an die Stadt Strehlen heranreichen. Es sind der Rummelsberg, Marienberg, Pilzberg und die Böhmischen Berge, genannt nach den Bewohnern einiger Dörfer, den Böhmen, die von Friedrich dem Großen als Hussiten dort angesiedelt wurden. Im Südosten bis Nordwesten wird Großburg von der Oderniederung eingefaßt.

Durch das Dorf führt in Nord-Südrichtung die Hauptstraße von Breslau nach der ehem. Festung Neiße; sie wurde von Friedrich dem Großen erbaut und als Heerstraße benützt. Alle aus dem Dorfe führenden Straßen sind gepflastert. Die Hauptstraße wurde in normalen Zeiten viel aus Ausflugsstraße nah dem Glatzer Gebirge benützt.

Landschaftlich hat Großburg selbst keine besonderen Reize aufzuweisen, weil Wälder, Berge und Seen fehlen. Nur im Frühjahr war es herrlich, die weißblühenden Kirschalleen entlangzugehen, wo dann am Sommer die Bäume alle dicht mit reifen Kirschen behangen waren.

Bis zum Jahre 1910 mußten die Großburger, um mit der Eisenbahn fahren zu können, nach Wäldchen (3 km entfernt) zum Bahnhof gehen. Danach wurde auch Großburg Bahnstation, und zwar für die Kleinbahnstrecke Ohlau-Wäldchen. Der Zug verkehrte zweimal täglich während der Zuckerrüben-Kampagne auch vier- bis fünfmal täglich, um den Rübentransport zur Zuckerfabrik bewältigen zu können.

Schule in GroßburgGroßburg hatte ca. 800 Einwohner. Es gab im Dorf eine Schmiede, eine Stellmacherei, drei Tischlereien, eine Fahrrad- und eine Autoreparaturwerkstatt, sowie zwei Elektromeister, drei Bäckermeister, zwei Sattlermeister, drei Schuhmachereibetriebe und drei Lebensmittelgeschäfte mit beträchtlichen Warenlagern, da hier die Einwohner aus fünf umliegenden Dörfern einkaufen kamen. Ferner besaß Großburg einen Gasthof mit Saal sowie zwei Fleischereien mit Gasthof. Am Schlachthaus der ältesten Fleischerei befand sich eine Steintafel mit der Jahreszahl 1695, dem Namen des damaligen Besitzers sowie dem Zunftzeichen, zwei gekreuzten Beilen. Seit 1872 hatte Großburg auch ein Baugeschäft, später sogar ein Sägewerk. Da an Stadtrand der Kreisstadt Strehlen sich der größte Granitsteinbruch Europas befindet, fuhren auch aus Großburg täglich einige Steinbrucharbeiter dorthin zur Arbeit (10 km).

Die fünfklassige Schule des Dorfes — ein Gebäude von 1822, das andere im Jahre 1868 erbaut — besuchten auch die Kinder der Nachbardörfer Jexau, Jelline, Schweinbraten und Baumgarten. In normalen Zeiten unterrichteten dort drei männliche und eine weibliche Lehrkraft.

Um 1900 wurde von dem damaligen Kantor sogar eine Präparandie eingerichtet und auch unterhalten. Das im Jahre 1901 erbaute Gebäude wurde dann jedoch später verkauft und zu Wohnzwecken weiter benutzt; es behielt im Volksmund aber immer noch den Namen "Präparandie".

Am meisten fällt das Dorf von Süden her ins Auge durch seinen hohen Kirchturm mit danebenliegendem Schloß und Schloßpark. Es ist auffallend durch seine durchweg massiven landwirtschaftlichen Bauten, die bei dem Gutshof am wüchtigsten hervortreten.

Das Gut Großburg wuchs durch Aufkauf einiger Bauernhöfe im vorigen Jahrhundert zu einer Größe von 550 ha heran. Zum Gut gehörten eine Mühle, eine Schmiede, eine Brennerei, eine Stellmacherei sowie eine Gärtnerei.

Außer dem Gut existierten in Großburg 4 Bauernhöfe in der Größenordnung von 22-45 ha, 10 Bauernhöfe von 6-10 ha und 2 kleine Stellenbesetzungen. Am Anfang des 19. Jahrhunderts mußten alle Bauern Robotdienste leisten, weil fast alle Ackerparzellen mit Renten der Rentenbank belegt waren. So waren z.B. auf dem Grundstück Nr. 42 zur Ablösung der Robotdienstleistungen 54 Thaler, 7 Silbergroschen und 4 Pfennige eingetragen.

Der Boden in und um Großburg ist durchweg Schwarzerde, d.h. schwerer Boden, auf dem fast alle Feldfrüchte gedeihen. Hauptsächlich wurden Zuckerrüben und Weizen angebaut. Der große Nachteil dieses guten Bodens war und ist die schwere Bearbeitung im Herbst. Bei anhaltendem Regen war es manchrnal notwendig, daß die Rübenwagen vierspännig vom Felde auf die Straße gerückt werden mußten.

Das Brotgetreide für die Bevölkerung des Dorfes wurde in der Großburger Mühle gemahlen; die Zuckerrüben kamen zur Verarbeitung in die Zuckerfabrik.

Die Not der früheren Zeit hat auch dazu geführt daß im Jahre 1895 eine Spar- und Darlehnskasse errichtet wurde. Sie hat sich zum großen Segen der Mitglieder ausgewirkt. Die spätere Raiffeisenkasse befaßte sich mit der Entgegennahme von Spargeldern, mit dem Gewähren von Darlehen sowie mit dem Bezug von Kohle und Düngemitteln. In einer Saatreinigungsanlage konnten die Bauern ihr Saatgetreide reinigen und beizen.

Großburg hatte mehrere soziale Einrichtungen aufzuweisen. Am Nordausgang des Dorfes, an der Straße nach Breslau, entstanden seit 1924 11 neue Siedlungshäuser mit Garten und Kleintier-Ställen. Handwerker, Arbeiter und Beamte (Post und Bahn) haben dort gesiedelt. Zu jedem Grundstück gehörten 2000 bis 3000 qm Land. Hinter dieser Siedlung schloß sich ein Schrebergartengelände an mit den üblichen Lauben für die Arbeiter vom Dominium und auch für die Handwerker des Dorfes. Im Laufe der Jahre entstanden eine Gemeindeschwesternstation sowie ein Kindergarten.

1155 wird der Ort ,in einer Schrift des Papstes Hadrian das erste Mal erwähnt. Damals hieß der Ort "Borek"; das ist slawisch und heißt Wald. Es muß hier in früheren Zeiten eine waldreiche Gegend gewesen sein. Auch der Name des Nachbardorfes "Wäldche" läßt darauf schließen. Anfang des 13. Jahrhunderts soll der Ort Eigentum des Tempelherrnordens gewesen sein.

Herzog Heinrich, der den Beinamen "der Bartige" führte und der Gemahl der heiligen Hedwig war, schenkte 1232 den "Halt Großburg" dem Bischof Lorenz von Lebus. Zum Halt Großburg gehörten die Dörfer: Großburg, Krentsch, Schweinbraten, Klein Lauden und Ottwitz. Da Lebus in der Mark Brandenburg liegt, bildete nun der "Halt" eine brandenburgische Enklave in Schlesien, blieb also auch brandenburgisch, als Schlesien zu Österreich gehörte. Das Kloster Lebus hat aber an dem Besitz wenig Freude gehabt. Die Zeit der Zugehörigkeit dorthin ist erfüllt von Schwierigkeiten und Streitigkeiten. Da auch infolge der weiten Entfernung von Lebus die Verwaltung des Halts durch das Kloster nicht leicht war, verkaufte der Abt denselben 1553 an Friedrich von Kanitz.

Friedrich von Kanitz war damals klösterlicher Amtmann in Großburg. Die Kanitze waren brandenburgische Lehnsleute und haben auch ihre Rechtshandel nicht beim kaiserlichen Oberamt in Breslau sondern in Cölln an der Spree schlichten lassen. Mehrere Generationen derer von Kanitz haben nun auf dem Gut Großburg gesessen. Es war aber sehr wenig von ihnen zu erfahren. 1619 wurde Johann Siegmund von Kanitz geboren. Er war der Besitzer von Großburg in der Zeit, in der die Streitigkeiten mit der Kirche waren. Im Jahre 1684 starb er. Sein Grabstein am Eingang der Kirche wird oben vom Familienwappen der Kanitze geziert.

Es ist anzunehmen, daß nach Johann Siegmund drei Herren von Kanitz zusammen in Großburg lebten.

Ferdinand von Kanitz
Melchior Friedrich von Kanitz
Friedrich Wilhelm von Kanitz
haben dies erbauen lassen
1692

Diese Inschrift war auf einer Tafel über dem Turmeingang des Schlosses zu lesen. Die Tafel gehörte aber sicherlich nicht dorthin, denn das alte Schloß wurde Wohnsitz des Verwalters bzw. Oberinspektors.

In der Kirche findet mann die drei Namen wieder vereint — zusammen mit den Namen ihrer Frauen und den dazugehörigen Wappen — an der Decke gemalt, in ein Herz zusammengeschlossen. Darin steht die Jahreszahl 1702. Reliefbilder in der Kirche und Familienwappen über dem Altar und der Kanzel erinnern noch an die Familie von Kanitz.

Bis 1796 ist Großburg im Besitz der Familie Kanitz gewesen. Danach gehörte das Gut einem Freiherrn von Rentz; seine Gemahlin war eine geborene von Kanitz. Das Gut wechselt jetzt schnell zweimal seinen Besitzer. 1843 kauft Julius von Bonsdorf das Gut Großburg und verkauft es 1858 an Amtsrat Georg von Schoenermark.

Georg von Schoenermark, der durch seine Tüchtigkeit als vorzüglicher Landwirt allgemein bekannt war, war Pächter der Domäne Prieborn im Kreis Strehlen. Großburg kaufte er für seinen 2. Sohn Heinrich, Carl, Ludwig Georg von Schoenermark, geb. 1831.

Im Jahre 1858 wurde auch gleich das neue Schloß Großburg gebaut, und Heinrich von Schoenermark zog mit seiner jungen Gemahlin Anna, geb. Gräfin Haeseler ein. Die junge Frau war seine Nichte und die Schwester des beühmten Feldmarschalls von Haeseler. Feldmarschall von Haeseler weilte oft in Großburg zu Besuch und verbrachte Stunden der Ruhe und Erholung in dem herrlichen Schloßpark.

Als Schoenermark nun sein Gut zu bewirtschaften begann, wurde Schloß Großburg bald zum Mittelpunkt des gesellschaftlichen Lebens. Die junge Frau hatte gern Geselligkeit um sich.

Heinrich von Schoenermark vergrößerte den Besitz, indem er in den Jahren 1864/65 einige Bauerngüter aus dem Dorfe zu seinem Gut dazukaufte, nämlich die Scholtisei mit 240 Morgen, das Henniggut mit 200 Morgen und das Hellergut mit 150 Morgen Land.

Aus der Ehe Heinrich von Schoenermarks entsprossen mehrere Kinder. Der älteste Sohn wurde Offizier, ein jüngerer Sohn Alexis wurde ungerechterweise entmündigt und ging nach Amerika.

Im Jahre 1878 starb Heinrich von Schoenermark. Seine Frau verwaltete die Güter Großburg und Prieborn zusammen mit ihrem Schwiegersohn von Loeper, den ihre Tochter Carola als armen Leutnant geheiratet hatte. Von Loeper hatte wenig Kenntnisse von der Landwirtschaft. Die Familie lebte auch nun so großzügig, daß das Gut trotz des Verkaufs des Vorwerks Jelline nicht mehr gehalten werden konnte. 1886 erwarb es ein Kommerzienrat Friedmann, und 1937 ging es in den Besitz des Zuckerfabrikanten Neugebauer aus Brieg über.

Kirche in GroßburgDie Kirche Großburg, für die das Jahr 1232 als Baujahr angenommen wird, und die im Züge der Reformation und Gegenreformation im Laufe der Jahrhunderte eine wechselvolle Geschichte aufzuweisen hatte, war das evangelische Zentrum des Dorfes. Zum Kirchspiel gehörten 21 Ortschaften:

a) Kreis Strehlen: Großburg, Wäldchen, Krentsch, Kurtsch, Michelwitz, Jelline, Neidchen, Deutsch-Lauden Schweinbraten, Klein-Lauden, Plohe, Birkkretscham, Baumgarten und Jexau.

b) Kreis Ohlau: Kochern, Haltauf, Darnmelwitz, Eulendorf, Raduschkowitz, Kontschwitz und Graduschwitz.

Die Kirchengemeinde Großburg — das größte Kirchspiel Schlesiens — feierte am 11. September 1932 das 700-jährige Bestehen der Kirche.

Zur Erinnerung an den großen Kurfürsten wurde über dem Hauptportal der Kirche in einer Nische seine Buste aufgestellt. Sie ist nach dem Original der Buste des Großen Kurfürsten von Schlüter hergestellt. Oberhalb der Nische war folgende Inschrift zu lesen:

Treue um Treue
dem Schützer und Befreier
des Evangeliums in Großburg
die dankbare Kirchengemeinde Großburg
11. September 1932

 

(Photos: Schule in Großburg, Kreis Strehlen; Kirche in Großburg, Kreis Strehlen)

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