Unsere Deutsche Wurzeln - Our German Roots
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50 JAHRE SEIT DER VERSCHLEPPUNG in die ehemalige Sowjetunion:

Saxon News VOLKSBLATT February 10, 1995 - Seiten 6 - 7

Nach dem Wissen um die Wahrheit und dem Sinn des Leidens gesucht
Gedenkveranstaltung in München vereinigte Tausende von Landsleuten
Emotionsgeladene Diskussion über Mitschuld Rumäniens
Ausstellung veranschaulicht ergreifende Schicksale von Menschen

Vor 50 Jahren wurden 165 000 Deutsche aus Rumänien, Jugoslawien und Ungarn zur Zwangsarbeit in die Sowjetunionverschleppt, ein Willkürakt, den die sowjetische Besatzungsmacht angeordnet hatte und unter Mitwirkung der jeweiligen Polizelbehörden durchführen ließ. Am 14. Januar fanden in München damit in Zusammenhang mehrere Gedenkveranstaltungen unter der Schirmherrschaft der bayerischen Sozialministerin Barbara Stamm statt, die gemeinsam von den Landsmannschaften der Banater Schwaben, Donauschwaben, Sathmarer Schwaben, Siebenbürger Sachsen und Deutschen aus Ungarn organisiert wurden.

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Weit über tausend Landsleute waren aus verschiedenen Städten der Bundesrepublik angereist, um an der wissenschaftlichen Tagung im Festsaal des Alten Rathauses in München teilzunehmen, der sich jedoch bei weitem zu klein erwies. Peter Krier entschuldigte sich am Abend im Namen der Organisatoren für die Unzulänglichkeit: man habe das Kulturreferat der Stadt München in die Veranstaltung einbeziehen wollen und demgemäß einen repräsentativen Saal der bayerischen Landeshauptstadt ausgewählt.

Helmut Berner, Vorsitzender der Landsmannschaft der Sathmarer Schwaben, begrüßte unter den Ehrengasten der Tagung Fritz Wittmann, Vorsitzenden des BdV, Günter von Hochmeister, Stellvertretenden Bundesvorsitzenden der Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen, Petru Dumitru Bordea, den rumänischen Konsul in München, Jenö Udvardy, den ungarischen Generalkonsul, und andere namhafte Persönlichkeiten. Die Bürgermeisterin der Stadt München, Dr. Gertraud Burkert, erwähnte in ihrem Grußwort das viele Leid, das Menschen zugefügt wurde, die nicht verantwortlich für die nationalsozialistischen Untaten gewesen seien. Sie erinnerte an die 200000 Heimatvertriebenen, die in München ansässig geworden sind und deren Pioniergeist geholfen habe, die Stadt und das Land wieder aufzubauen.

Mitgefühl für die 18 Millionen Deutschen, die vom Vertreibungsschicksal betroffen waren, wobei 2,5 Millionen ihr Leben verloren, zeigte Dr. Gerhard Merkl, Staatssekretär im bayerischen Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Gesundheit. Aber tausende Einzelschicksale der Deportation von Sudöstdeutschen seien bisher kaum zur Kenntnis genommen worden. Merkl hob hervor, daß die Bundesrepublik der "gemeinsame Staat der Heimatverbliebenen und Heimatvertriebenen" sei und leitete daraus die gesamtdeutsche Verpflichtung ab, die ostdeutsche Kultur in ihre Kulturlandschaft einzuschließen. Die "weitgefächerten Aufgaben der Vertriebenen und Aussiedlerpolitik" seien auch 50 Jahre nach Kriegsende keineswegs erledigt.

Das "Jahrhundert der Lager" habe seine Ursprünge in den Zwangsdeportationen der nationalsozialistischen Zeit, stellte Dr. Georg Weber, 1931 im siebenbürgischen Zendersch geboren, Soziologie und Sozialpadagogikprofessor an der Universitat Münster, in seiner Festrede fest und verwies auf den deutschen Anteil an den verhängnisvollen Ereignissen. Die Verschleppung der Sudostdeutschen sei ein Tabu in der kommunistischen Geschichtsschreibung gewesen, aber auch westliche Wissenschaftler hatten sich mangels Zugang zu östlichen Archiven bisher vor diesem Thema eher gedrückt.

In Rumänien sei die letzte nichtkommunistische Regierung Radescu am 6. Januar 1945 von der sowjetischen Aufforderung, alle in Rumänien lebenden Deutschen zur Verschickung in die Sowjetunion zu mobilisieren, "vollig überrascht" gewesen. Der Deportationsbefehl habe alle arbeitsfähigen Manner von 17 bis 45 und Frauen von 18 bis 30 Jahren eingeschlossen. Die Regierung Radescu richtete am 13. Januar, als die Aushebungen in Bukarest und Kronstadt bereits angelaufen waren, eine Protestnote an den stellvertretenden (sowjetischen) Vorsitzenden der Alliierten Kontrollkommission für Rumänien, General Winogradow. Diese Note gab zu bedenken, daß der Waffenstillstandsvertrag keine Deportation vorsehe und daß die rumänische Wirtschaft infolge des Wegfalls zahlreicher Arbeitskräfte sowie des hohen Anteils an Fachkräften innerhalb der deutschen Bevölkerung zu leiden habe. Schließlich verwies Radescu auf humanitäre Aspekte: das Schicksal der Frauen und zurückgebliebenen Kinder. Da die Reaktion der USA auf die angeordnete Deportation eher milde und die Englands ganz zurückhaltend ausfiel, hatte Rumänien, das damals von sowjetischen Truppen besetzt war, nach Dr. Weber "nicht die geringste Handhabe gegen das sowjetische Begehren". Die Deportation sei als eines der "ersten kalten Kriegsereignisse" anzusehen, ein Ergebnis der wechselseitigen Unkontrollierbarkeit zwischen 0st und West noch während des Zweiten Weltkriegs. Diverse Aspekte der "Geschichte von unten" veranschaulichte Dr. Weber mit kurzen Zitaten aus Erlebnisberichten: Transport, Läuse, Frost, Arbeitsunfälle, brutale Willkür der Wachmannschaften, katastrophale Ernährungslage, Heimweh usw. Er schloß mit dem Appell, in die Vergangenheit zu schauen, wenngleich das nur zu erfahren helfe, was zu unterlassen, nicht aber, was im einzelnen zu tun sei.

Die Podiumsdiskussion wurde von der Politologin Anneli Ute Gabanyi vom Sudöst-lnstitut moderiert und ergänzte den Vortrag aus der Sicht verschiedener südöstdeutscher Siedlungsgruppen (Franz Kumher, Friedrich Spiegel-Schmidt) anhand von Erlebnisberichten und Analysen. In Jugoslawien ging im November 1944, noch vor der Deportation, die sogenannte "logorizacija" los, erläuterte Dr. Franz Hutterer: Die Deutschen wurden zu Volksfeinden erklärt, ihr Vermögen konfisziert, in grausame Konzentrationslager eingewiesen und von den Partisanen vielfach mißhandelt. Dr. Walter Engel, Direktor des Gerhart-Hauptmann-Hauses in Düsseldorf, bedauerte, daß noch kein Schriftsteller mit der Tiefe eines Solschenizyn über die Ereignisse geschrieben habe. Die Geschichtsforschung allein könne nämlich nicht die Erinnerung an die Deportation wachhalten. Nur die Literatur sei in der Lage, die Leiden und den Überlebenskampf sowie das Innenleben der Lagergemeinschaft sichtbar zu machen. Deshalb forderte der Banater die Betroffenen auf, ihre Erinnerungen zu notieren, damit ein Standardbuch zu diesem Thema zustande käme.

Renate Weber erwähnte diesbezüglich das mit ihrem Ehemann, Dr. Georg Weber, erarbeitete Deportationsprojekt, das noch in diesem Jahr als mehrbändige Publikation den Lesern vorgestellt wird. Frau Weber lieferte aufschlußreiches statistisches Material zur Deportation der Siebenbürger Sachsen mit dem Hinweis, daß die Proportionen auch für andere Siedlungsgebiete ähnlich sein mußten: 30000 wurden in die Sowjetunion verschleppt, das sind 15% der deutschen Bevölkerung Siebenbürgens (Stand 1941). Bei 12% der Verschleppten wurde das vorgeschriebene Alter mißachtet, so daß sich unter den Betroffenen auch ein 1 3jähriges Mädchen und 55jährige befanden. 9 von 10 Deportierten kamen in die Ukraine (Bezirke Dnepropetrovsk, Stalino und Vorosilovgrad), die übrigen ins Uralgebiet. 12% der Deportierten starben, wobei anteilig dreimal so viele Männer wie Frauen ums Leben kamen. Jeder Vierte wurde nach Deutschland entlassen, wovon wiederum nur jeder Siebte nach Siebenbürgen zurückkehrte.

Die international-rechtliche Dimension der Ereignisse sprach Dr. Michael Kroner an: Während der Internationale Gerichtshof in Nürnberg 1945/46 gegen die Nationalsozialisten Todes- und hohe Gefängnisstrafen wegen der Deportation von Zivilbevölkerungen verhängte, mußten zur selben Zeit etwa eine halbe Million deportierte Deutsche sogenannte Reparationsarbeiten in der Sowjetunion, gleichfalls unter unmenschlichen Bedingungen, verrichten. Der amerikanische Historiker Alfred de Zayas, der die Deportation der Deutschen eingehend untersucht hat, bemerkte, daß diese schwer von der hitleristischen Sklavenarbeit zu unterscheiden sei. Kroner führte weiter an: "Wir wollen keinesfalls die Nürnberger Urteile in Frage stellen, die historische Wahrheit erfordert es aber, auch die gegen Deutsche verübten Verbrechen beim Namen zu nennen. Für die Betroffenen ist das zumindest eine moralische Pflicht. Mit Schuld und Sühne lassen sich nämlich Vertreibung und Deportation nicht rechtfertigen, sie bleiben Verbrechen gegen die Menschlichkeit, wer immer sie begeht." Alle Heeresgruppen der Roten Armee hatten den Auftrag gehabt, in den eroberten Gebieten eine bestimmte Anzahl von arbeitsfähigen Deutschen einzutreiben und in die Sowjetunion zu deportieren. In Rumänien sei die Aushebung mittels der rumänischen Behörden erfolgt, die von Einheiten der Roten Armee und der sowjetischen Geheimpolizei (GPU) unterstützt wurden. Stalin habe eine Legitimierung der Deportation erwirkt, als er auf der Konferenz in Jalta (4.11. Februar 1945) neben anderen Reparationszahlungen von seiten Deutschlands auch "Reparations in kind", was in beschönigender Form "Kriegsentschädigung in Leistungen" durch Arbeitskräfte heißt, forderte. Churchill und Roosevelt hatten damit in Jalta einem Vorgehen zugestimmt, das bis dahin nur dem Dritten Reich hatte nachgewiesen werden konnen und das einige Monate später beim Nürnberger Gerichtshof als "Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit" geahndet werden sollte.

Als "erste Martyrer der Wende zum Bösen in der Geschichte Rumäniens" bezeichnete Dr. Elena Zamfirescu, Direktorin im rumänischen Außenministerium, ihre deutschen Landsleute. Die rumänische Regierung sei praktisch allein dagestanden, ohne sich den sowjetischen Befehlen entgegenstellen zu können, bemerkte sie, zumal Churchill "keine Aufregung wegen der Deportierung" aufkommen lassen wollte, nachdem er den Russen bekanntlich ein Kontrollrecht von 90% über Rumänien eingeräumt hatte. Frau Zamfirescu erwähnte Fälle von tätiger Solidarität, die "nicht wenige Rumänen" ihren Mitbürgern deutscher Nationalität in jenen kritischen Zeiten entgegengebracht hatten, was beispielsweise die hohe Zahl von Not-Mischehen belegten. Sie äußerte den Wunsch, daß jenes Vertrauen wieder erstehe, das 1918 die Deutschen veranlaßt hatte, der Vereinigung mit Rumänien zuzustimmen. Die jetzige rumänische Regierung hatte versucht, die Ungerechtigkeit, die in den ersten Nachkriegsjahren gegen die Deutschen begangen wurden, wieder gutzumachen: ein ergänzende Gesetzesbestimmung von 1990, die auf Ersuchen des Demokratischen Forums der Deutschen zustande kam, entschädigt die Rußlanddeportierten.

Die letzten Zeilen der Rede über den "tiefen Respekt vor den ergrauten Häuptern der unschuldig Schuldiggesprochenen" lesend, verlor Frau Zamfirescu offenbar ihre Fassung und brach in Tränen aus. Emotional waren auch die Stellungnahmen zweier Deportierter aus dem Banat, Coloman Müller (Reschitz) und Johann Hoch (Traunau bei Arad), die vom Publikum mit lebhaftem Beifall quittiert wurden. Die rumänische Regierung sei am 6. Januar 1945 vom sowjetischen Deportationsbefehl nicht "völlig überrascht" worden, da sie bereits früher Listen von Männern und Frauen für die Zwangsarbeit angefertigt hatte, und auch die rumänische Eisenbahn (CFR) habe Wochen im voraus Viehwaggons im Hinblick auf die Aktion vorbereitet. Übrigens belegt auch Hannelore Baier aufgrund neuentdeckter Quellen, daß die Aushebung eher minutiös geplant war: Bereits am 19.Dezember 1944 hatte das rumänische Ministerpräsidentenamt allen regionalen Polizeiinspektoren telefonisch das Registrieren der deutschen Bevölkerung im arbeitsfähigen Alter angeordnet ("Allgemeine Deutsche Zeitung für Rumänien", 13. Januar 1995). Dr. Weber lehnte die Einwande der beiden Deportierten aus dem Banat strikt und etwas heftig ab, räumte aber ein, daß - trotz seines persönlichen Ansuchens bei Präsident lliescu - ein Teil des rumänischen Archivmaterials zu diesem Thema noch immer nicht zugänglich sei.

Der Freiheitswillen der Deutschen Im Donau und Karpatenraum habe durch die Verschleppung in die Sowjetunion den Punkt größtmöglicher Unfreiheit erreicht, stellte Dr. Wilhelm Brückner bei der Eroffnung der Ausstellung im Alten Rathaus fest, die bis zum 4. Februar im Haus des Deutschen Ostens zu sehen ist. Die in der Hauptsache von den Kulturreferaten der Banater Schwaben und Siebenbürger Sachsen in Eile zusammengestellte Ausstellung, nachdem Dr. Georg Weber seinen Beitrag dazu kurzfristig abgesagt hatte, präsentierte, "was Menschen an schlichtester Kleidung und einfachstem, selbstgebasteltem Gerät (...) nutzen und herstellen mußten, um zu überleben" (Dr. Brückner). Es sind Originalobjekte, zum Teil vom Siebenbürgischen Museum Gundelsheim geliehen, die für die Gegenwart "geretet" werden konnten: russische Steppjacken ("Pufaika" oder "Fufaika"), Fußlappen, Besteck, kleine in Handarbeit gefertigte Gegenstände, die sich die Insassen zu Feier oder Geburtstagen gegenseitig schenkten, Skizzen, Zeichnungen, Fotos und Bücher. Jeder Gegenstand steht für eine Geschichte, ein Schicksal des Leidens, ist aber immer auch Zeichen der Hoffnung und Liebe. Etwa ein Schiefertafelchen, auf dessen Vorder und Rückseiten eine Frau in zehnmonatiger Arbeit mit dem Taschenmesser ihr Lager Almasna bei Stalino dargestellt hat. Oder das Spiegeletui, ein Engel auf der Rückseite einpunziert, das Alice Unruh zu Weihnachten 1948 erhielt. In ihren Skizzen eines "Tageslaufs" im Lager Almasnaja verschwieg Marianne Hüttel, geborene Riemer, absichtlich die Bedrohungen im Lager, um ihre Eltern, denen sie die Skizzen mit einem Krankentransport zukommen ließ, nicht zu beunruhigen. Die Kommunikation mit der Heimat war im allgemeinen auf ein Minimum begrenzt: die Deportierten durften bloß 25 Wörter nach vorgeschriebenem Muster an ihre Verwandten schreiben.

Die Graphiken von Friedrich von Bömches, viele 1994 entstanden und somit erstmals in der Öffentlichkeit zu sehen, sowie die Bilder der Brüder Viktor und Julius Stürmer veranschaulichen die Deportation mit kunstlerischen Mitteln. Bömches' Kohlezeichnungen verarbeiten Momente der "apokalyptischen Erfahrung" während der Deportation: "Wiedersehen", "In der Fremde", "Zwangsarbeiter", "Steinbruch", "Das Lager", "Das große Unglück". Viktor Stürmer verbindet in seinen Arbeiten, beispielsweise im Bild "Jeder hat soviel Recht, wie er Macht besitzt", das große Leid mit biblischen Motiven, während sich Julius Stürmers Skizzenbücher nach eigenen Aussagen "nicht mit den Realitäten im Straflager (befassen), sie entstanden vielmehr aus Wunschträumen und Hoffnungen heraus".

Der ökumenische Gottesdienst in der Frauenkirche, an dem sich nach Schätzungen des Dompersonals etwa 2500 Leute beteiligten, stand im Zeichen der Versöhnung, die in drei Schritten angestrebt wurde: "schmerzliche Erinnerung", "gezeichnete Gegenwart" und "versöhnte Zukunft". Dieser vom evangelischen Pfarrer Martin Schuster von der Münchner Dankeskirche konzipierte Teil der Gedenkveranstaltung versuchte im Dreischritt das Erfahrene und Erlittene der Erlebnisgeneration sowie deren Angehörigen aufzunehmen und mit der Erfahrung leidender Verschleppter aus der Bibel zu verknüpfen. Das Leiden wurde dabei nicht einer anonymen Macht entgegengehalten, sondern vor Gott gebracht: "Bringe uns, Herr, zu dir zurück, daß wir wieder herkommen; erneuere unsere alten Tage wie vor alters her!" Prälat Josef Eichinger erinnerte an das Leid der Verschleppten, denen das Klagelied der Bibel zum Gebet wurde. Dieses sei nun gleichzeitig ein Beten der Überlebenden, geprägt vom Dank an Gott für die Rettung sowie die in der neuen Heimat erlangte Freiheit. Das Gedenken an die Menschenrechtsverletzungen wolle nicht Rache, sondern Läuterung. Der von großem Ernst geprägte Gottesdienst war keinesfalls rückwärts gerichtet, eher zukunftsorientiert wirkten die jungen Menschen, die symbolische Holzkreuze trugen. Sie reichten zum Schluß das Licht von der Osterkerze an die Anwesenden weiter, die es im Lichterzug zum Denkmal des Unbekannten Soldaten im Hofgarten weitertrugen.

Dort fand die Gedenkveranstaltung im Dunkel des Abends mit einer Kranzniederlegung einen eindrucksvollen Abschluß. Der Schauspieler Otmar Strasser führte aus, daß die fast fünf Jahre Zwangsarbeit der schlimmste Abschnitt in den neun Jahrzehnten seines Lebens gewesen seien. Mit dem Gedicht "Wo ruhen sie?" gedachte er der Verstorbenen und mahnte die Mächtigen zur Besinnung. Peter Krier, geschaftsführender Bundesvorsitzender der Landsmannschaft der Banater Schwaben, erinnerte in Ehrfurcht der Opfer nationalsozialistischer Konzentrationslager und forderte gleichzeitig eine "objektive schonungslose geschichtliche Aufarbeitung" der Verschleppung in die Sowjetunion ein. "Wir fordern keine Haftung der jetzt staatstragenden Generation in unseren Nachbarlandern für die Verbrechen des Kommunismus. Wir meinen aber, sie sollten davon wissen. Denn wirkliche Versöhnung ist nur möglich, wenn beide Seiten ihre Schuld einsehen und wenn beide Seiten vergeben.

Siegbert Bruss

SZ 31.01.1995


Photos:

Blick in den Festsaal des Alten Rathauses von München während der wissenschaftlichen Tagung zur Deportation vor 50 Jahren. Foto: Wolfram Schneider

Im Altarraum der Münchner Frauenkirche beim Gedenkgottesdient: junge Menschen tragen Holzkreuze mit Schleifen, auf denen die Namen der Todeslager von 1945 bis 1949 in Donbass und Ural verzeichnet sind. Foto: Wolfram Schneider


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